Preisträger des Tractatus 2024 ist der deutsche Philosoph und Publizist Philipp Hübl. 

Exemplarisch ausgezeichnet wird sein Buch „Moralspektakel. Wie die richtige Haltung zum Statussymbol wurde und warum das die Welt nicht besser macht“. Die feierliche Verleihung des mit 25.000 Euro dotierten Essay-Preises erfolgt Freitag, den 20. September 2024 im Rahmen des Philosophicum Lech in den neuen Lechwelten.

Mit dem Tractatus – Essay-Preis des Philosophicum Lech werden alljährlich herausragende Publikationen auf dem immer wichtiger werdenden Feld geistiger Auseinandersetzungen und Standortbestimmungen gewürdigt. Dank privater Sponsoren mit 25.000 Euro hoch dotiert, gilt er als eine der renommiertesten Auszeichnungen für philosophische Essayistik im deutschsprachigen Raum. Der Tractatus 2024 wird dem Philosophen und Publizisten Philipp Hübl für sein im April dieses Jahres erschienenes Buch „Moralspektakel“ zuerkannt. Laut Jury-Begründung gelinge Hübl „mit einer empirisch tiefer gelegten Anthropologie eine erfrischend kalte Dusche für die moralisch überhitzten Diskurse der vergangenen Jahre: eine wohltuende, zur allgemeinen Abrüstung einladende Ernüchterung“. Für die Auswahl preiswürdiger Werke als Tractatus-Shortlist und Vergabe des Essay-Preises verantwortlich zeichnet eine hochkarätige dreiköpfige Jury: die österreichische Literaturwissenschaftlerin, Kritikerin und Essayistin Daniela Strigl, die Schweizer Philosophin, Kulturjournalistin und Publizistin Catherine Newmark sowie der deutsche Literaturkritiker und Autor Ijoma Mangold. Die öffentliche Verleihung des Tractatus 2024 findet Freitag, den 20. September um 21 Uhr im Rahmen des 27. Philosophicum Lech statt. Unter dem Titel „Sand im Getriebe. Eine Philosophie der Störung“ lädt die Tagung vom 17. bis 22.09.2024 zur breit gefächerten transdisziplinären Erörterung und Diskussion der brisanten Thematik in die Lechwelten, das neue Kultur- und Kongresshaus von Lech am Arlberg. www.philosophicum.com

Auf Anregung des Schriftstellers Michael Köhlmeier, Mitbegründer des Philosophicum Lech, 2009 ins Leben gerufen, begreift sich der Tractatus als ein Beitrag zur Standortbestimmung in philosophisch und gesellschaftlich relevanten Diskursen. Der Preis, verliehen vom Verein Philosophicum Lech, gibt verlässlich Auskunft über höchste Qualität auf dem Gebiet der philosophisch-kulturwissenschaftlichen Essayistik. Durch die Auszeichnung soll der prämierten Publikation verstärkt öffentliche Aufmerksamkeit verliehen und die hervorstechende Leistung der Autorin bzw. des Autors gebührend gewürdigt werden. Ausschlaggebend für die Vergabe des Tractatus sind insbesondere die Originalität des Denkansatzes, die Gelungenheit der sprachlichen Gestaltung und die Relevanz des Themas. Anhand dieser Kriterien wurden von der dreiköpfigen Jury Vorschläge eingebracht, aus denen die im Juli veröffentlichte Tractatus-Shortlist gewählt wurde. Die sieben als preiswürdig erachteten Publikationen zeugen von einer beeindruckenden thematischen Bandbreite mit hoher gesellschaftlicher Relevanz und zugleich exzellenter essayistischer Qualität. So versteht sich die Tractatus-Shortlist als ausdrückliche Würdigung der gewählten Werke und Lektüreempfehlung: www.philosophicum.com/tractatus/shortlist/shortlist-2024

Seit Beginn an verantwortlich für die alljährliche Auswahl preiswürdiger Publikationen ist eine hochkarätig besetzte dreiköpfige Jury, die den D-A-CH-Raum repräsentiert. Seit dem Vorjahr besteht diese aus der österreichischen Literaturwissenschaftlerin, Kritikerin und Essayistin Daniela Strigl, der Schweizer Philosophin, Kulturjournalistin und Publizistin Catherine Newmark sowie dem deutschen Literaturkritiker und Autor Ijoma Mangold. Unter Vorsitz des langjährigen wissenschaftlichen Leiters und nunmehrigen Co-Intendanten des Philosophicum Lech Konrad Paul Liessmann (nicht stimmberechtigt) wurde nach eingehender Jurydiskussion der deutsche Philosoph und Publizist Philipp Hübl zum Preisträger des Tractatus 2024 gekürt. Exemplarisch prämiert wird sein Buch „Moralspektakel. Warum die richtige Haltung zum Statussymbol wurde und warum das die Welt nicht besser macht“, das im April 2024 im Siedler Verlag erschienen ist.

In diesem geht Philipp Hübl der insbesondere durch die digitalen Medien fundamental veränderten, emotional polarisierenden öffentlichen Diskussionskultur auf den Grund. Ausdruck derselben ist das von ihm so benannte Moralspektakel, bei dem das moralische Statement immer mehr als Selbstdarstellung und Statussymbol fungiert. Nachdem der Philosoph zunächst die aktuelle Situation analysiert und anhand der empirischen Forschung beschreibt und erklärt, wie Menschen tatsächlich moralisch handeln, beschäftigt sich Hübl im zweiten Teil des Werks mit den negativen Seiten der inszenierten Moral: von Populismus und Symbolpolitik über verzerrte Forschung bis zu wirkungslosen Maßnahmen gegen Diskriminierung. Abschließend folgen acht Vorschläge, was man gegen das Moralspektakel tun kann, um sich für eine universelle Ethik und echte Gerechtigkeit einzusetzen.      

In der Jury-Begründung skizziert Ijoma Mangold einleitend den Hintergrund von Hübls höchst aufschlussreicher Auseinandersetzung mit dem allgegenwärtigen Phänomen: „Wir schauen zurück auf ein Jahrzehnt hitzig geführter Debatten, die stets davon geprägt waren – ganz gleich, ob es um Klimawandel oder Migration ging –, dass die streitenden Parteien der jeweiligen Gegenseite die moralische Respektabilität absprachen. Wer die Dinge anders sah als man selbst, war wahlweise (aus rechter Perspektive) ein Systemling oder (aus linker Perspektive) ein Protofaschist. Immer ging es dabei in apokalyptischer Orchestrierung ums Ganze: um die Umvolkung oder den klimabedingten Weltuntergang. Befeuert wurde diese Eskalationsspirale von immer mehr eingesetztem moralischem Kapital: Dem Gegner unterstellte man finsterste Absichten, während man selbst nur von den besten Vorsätzen und Idealen gelenkt war.

Des Weiteren wird in der Jury-Begründung die spezielle Qualität, umwälzende Stoßrichtung und somit große Relevanz der mit dem Tractatus bedachten Publikation hervorgehoben: „Mit ‚Moralspektakel‘ bricht der Philosoph Philipp Hübl aus dieser gegenseitigen Abwertungsspirale aus, indem er einen Schritt zurücktritt und den moralischen Wert von Moral selbst in Frage stellt. Vielleicht ist die Moral ja gar nicht so moralisch? Sie ist ihrerseits nämlich immer auch ein Mittel im Kampf um Status und Anerkennung. Wir führen die Moral nicht immer nur aus moralischen Gründen im Munde, sondern sehr oft dient sie der eigenen Selbsterhöhung. Dies nun – und darin liegt die erfrischend neue Perspektive von Philip Hübl – führt Hübl nicht durch eine Theorie des Ressentiments in der Nachfolge von Friedrich Nietzsche aus, durch eine Genealogie der Moral, sondern – und das ist gerade in der Kontinental-Philosophie eine kostbare Ausnahme – indem er empirisch vorgeht und eine Fülle von sozialwissenschaftlichen Untersuchungen heranzieht, die zugespitzt deutlich machen, dass die Korrelation zwischen Berufung auf Moral und faktischem moralischem Handeln sehr schwach ausgebildet ist. So gelingt Hübl mit einer empirisch tiefer gelegten Anthropologie eine erfrischend kalte Dusche für die moralisch überhitzten Diskurse der vergangenen Jahre: eine wohltuende, zur allgemeinen Abrüstung einladende Ernüchterung.

Philipp Hübl studierte Philosophie und Sprachwissenschaft in Berlin, Berkeley, New York und Oxford. Er lehrte Theoretische Philosophie an der RWTH Aachen, der Humboldt-Universität zu Berlin und als Juniorprofessor an der Universität Stuttgart. Danach war er Gastprofessor für Philosophie und Kulturwissenschaft an der Universität der Künste Berlin. Er ist Autor des Bestsellers Folge dem weißen Kaninchen (2012), der BücherDer Untergrund des Denkens (2015), Bullshit-Resistenz (2018), Die aufgeregte Gesellschaft (2019) und Moralspektakel (2024) sowie von journalistischen Beiträgen in fast allen überregionalen deutschsprachigen Zeitungen und Magazinen.

Am Freitag, den 20. September 2024 um 21:00 Uhr wird zur öffentlichen Verleihung des Tractatus in die Lechwelten, das im April eröffnete Kultur- und Kongresshaus im Zentrum von Lech am Arlberg geladen. Der feierliche Festakt mit Laudatio von Jurymitglied Ijoma Mangold und Dankesrede des Preisträgers Philipp Hübl wird musikalisch umrahmt von einem eigens für diesen Anlass komponierten Streich-Trio-Satz des Vorarlberger Komponisten Marcus Nigsch. Moderiert wird die Tractatus-Verleihung von der Schweizer Philosophin Barbara Bleisch – bekannt unter anderem als Moderatorin der Sternstunde Philosophie –, die seit diesem Jahr gemeinsam mit Konrad Paul Liessmann die Intendanz des Philosophicum Lech bildet. Die transdisziplinäre Tagung widmet sich heuer vom 17. bis 22. September dem Thema „Sand im Getriebe. Eine Philosophie der Störung“. Wie gewohnt werden namhafte Vortragende aus dem gesamten deutschsprachigen Raum die Thematik aus unterschiedlichster Perspektive und mit vielfältigem Gegenwartsbezug beleuchten sowie anschließend mit dem Publikum diskutieren. Zum Auftakt am Dienstag, den 17. September versprechen die „Philosophicum Dialoge“ ebenfalls spannende Debatten zwischen zwei prominenten DiskutantInnen – unabhängig vom Jahresthema zu den Fragen „Wie ist die Lage?“ (15:00 Uhr) sowie „Was ist zu tun?“ (17:00 Uhr).  

Weitere Informationen unter www.philosophicum.com.

 

Zur Person sowie zu den Arbeitsgebieten und Büchern von Philipp Hübl

Philipp Hübl, geboren 1975 in Hannover, studierte Philosophie und Sprachwissenschaft in Berlin, Berkeley, New York und Oxford. Von 2005 bis 2010 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Theoretische Philosophie der RWTH Aachen. 2010 promovierte Hübl an der Humboldt-Universität zu Berlin mit der Gesamtnote summa cum laude und war bis 2012 wissenschaftlicher Mitarbeiter am dortigen Lehrstuhl für Philosophische Anthropologie. Von 2012 bis 2018 hatte er eine Juniorprofessur für Theoretische Philosophie an der Universität Stuttgart inne. Es folgte ein Lehrauftrag an der Universität der Künste Berlin (2018–2019) sowie an derselben eine Gastprofessur für Philosophie und Kulturwissenschaft (2020–2023), wobei Hübl auch als akademischer Leiter des Studium Generale verantwortlich zeichnete.

Philipp Hübls Arbeitsgebiete sind Rationalität, Philosophie des Geistes, Handlungstheorie, Sprachphilosophie, Wissenschaftstheorie, Metaphysik und Moralpsychologie.

Neben seinen Buchpublikationen ist Hübl Autor zahlreicher Beiträge zu gesellschaftlichen und politischen Themen, unter anderem in der ZEIT, FAZ, taz, NZZ, Republik, Welt, Frankfurter Rundschau, Berliner Zeitung, Gehirn&Geist, auf Spiegel online, Übermedien, im Deutschlandfunk, Philosophie Magazin, Standard, Handelsblatt und in den Onlineausgaben von El Pais und der Irish Times.

Buchpublikationen:

  • 2012: Folge dem weißen Kaninchen … in die Welt der Philosophie, Rowohlt (erschienen 2020 als überarbeitete Neuauflage bei Penguin Taschenbuch). Das Buch war über ein Jahr auf der Spiegel-Bestsellerliste und wurde mit dem Mindelheimer Philosophiepreis prämiert.
  • 2015: Der Untergrund des Denkens. Eine Philosophie des Unbewussten, Rowohlt Verlag
  • 2018: Bullshit-Resistenz. Wie wir uns vor Lügen, Fake News und Verschwörungstheorien schützen können, Nicolai Verlag (aktualisierte Neuauflage 2024 als Penguin Taschenbuch)
  • 2019: Die aufgeregte Gesellschaft. Wie Emotionen unsere Moral prägen und die Polarisierung verstärken, C. Bertelsmann Verlag

 

Philipp Hübl: Moralspektakel. Wie die richtige Haltung zum Statussymbol wurde und warum das die Welt nicht besser macht

Siedler Verlag, 2024

ISBN 978-3-8275-0156-1

Hardcover, mit Schutzumschlag, 336 Seiten
D: 26,00 € | A: 27,50 € | CH: 35,50 Fr., Preis variiert

ePUB-Format

E-Book ISBN 978-3-641-23228-3

Deutschland und Österreich: 16,99 €

 

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